8.7.2025

Vicky – schmerzfrei dank Ernährungsberatung

Obwohl sie sich ausgewogen ernährt und gut schläft, fühlt sich die 13-jährige Vicky oft abgeschlagen. Zudem ist Vicky leicht übergewichtig. Ab und zu rumort es nach den Mahlzeiten in ihrem Bauch – darauf folgt unangenehmes Bauchweh.

Der Hausarzt stellt Eisenmangel fest und schiebt diesen fälschlicherweise auf Vickys fleischfreie Ernährung. Und auch Bauchschmerzen und die Abgeschlagenheit könnten in der Pubertät vorkommen, so seine Erklärung. Als deren Ursache nimmt er psychische Probleme an und verordnet Vicky Psychotherapie. Zwei Jahre ist Vicky in Behandlung. Besser geht es ihr dadurch nicht. Kein Wunder, denn Vickys gesundheitliche Probleme sind nicht psychischer, sondern körperlicher Natur. Nach einem erneuten Besuch beim Hausarzt überweist dieser Vicky an einen Magendarmspezialisten. Endlich erhält sie einen Befund: Zöliakie – auch als Glutenunverträglichkeit bekannt. «Jahrelang habe ich mich immer wieder unwohl und kränklich gefühlt nach dem Essen. Für mich ist es eine grosse Erleichterung zu wissen, was mit mir los ist. Die Ernährungsberatung hat mein Leben so verbessert. Am Anfang war es ungewohnt, aber mittlerweile habe ich mich an die glutenfreie Ernährung gewöhnt und probiere mit meiner Schwester auch gerne neue Rezepte aus», erzählt Vicky.

Die Diagnose: Erleichterung und viele Fragezeichen


Da Vicky keine «klassischen» Zöliakie-Symptome wie Wachstumsstillstand, Blähbauch, Durchfall oder Untergewicht hat, bleibt ihre Erkrankung so lange unentdeckt. Umso wichtiger ist es, dass die Jugendliche ab dem Befund so schnell wie möglich ihre Ernährung umstellt. Denn sonst kann ihr Körper langfristig wichtige Nährstoffe nicht aufnehmen und es kann zu Mangelerscheinungen kommen. Gerade für Kinder und Jugendliche, die sich noch im Wachstum befinden, kann es zu schweren gesundheitlichen Folgen wie Hautausschlag, Bewegungs- und Gangstörungen, Zittern, Gleichgewichtsstörung und langfristig sogar zu Knochenabbau kommen.

Um dies zu verhindern, sollten sich Zöliakie-Betroffene lebenslang glutenfrei ernähren. Die Ernährungsberaterin am Ostschweizer Kinderspital erklärt Vicky und ihren Eltern zunächst, welche Lebensmittel Gluten (Kleber-Eiweiss) enthalten – oftmals nicht offensichtlich. Die Eltern fragen entsetzt: «Was kann Vicky denn überhaupt noch essen?» Die Ernährungsberaterin beruhigt sie. Für die meisten Nahrungsmittel gibt es heutzutage glutenfreie Ersatzprodukte.

Extra-Zeit, um Mut zu machen

Während fünf Sitzungen erhält die Jugendliche Tipps und einen abwechslungsreichen Ernährungsplan. Denn es ist wichtig, dass sich Vicky trotz ihrer Zöliakie ausgewogen ernährt und noch Spass am Essen sowie Geniessen hat. Die Teenagerin ist zunächst sehr verunsichert. «Gibt es überhaupt feines Essen ohne Gluten? Kann ich nie wieder Pizza oder Teigwaren essen? Was denken die anderen in der Schule, dass ich einen Diätplan einhalten muss? Was mache ich auf Klassenreise?» Die Ernährungsberaterin gibt Antworten und hilft ihr mit einfühlsamen Worten dabei, die Diagnose als Befreiung und nicht als Last zu sehen. Nach und nach lernt Vicky, ihre Erkrankung zu akzeptieren. Gemeinsam mit ihrer etwas älteren Schwester probiert sie mittlerweile leidenschaftlich gerne glutenfreie Rezepte und Lebensmittel aus. Die beiden haben eine Art Sport daraus gemacht, online passende Rezepte ausfindig zu machen und nachzukochen. Manchmal trauert Vicky noch frischem Baguette mit Butter hinterher, dass sie so gerne gegessen hat. Aber sie bleibt stark, denn sie hat die Gewissheit: Ohne Gluten stimmt ihr Bauchgefühl!

Dank Spenden von unseren Gönnerinnen und Gönnern können wir Kindern und Jugendlichen so viel Zeit schenken – z. B. für wichtige Ernährungsberatungssitzungen -, die es braucht, um eine Diagnose zu akzeptieren und das Beste aus ihr zu machen. Zeit, die in keinem Tarifsystem berücksichtigt ist. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

*Namen geändert

«Es ist wichtig, dass Menschen mit Zöliakie auf glutenfreie Ernährung umstellen. Nur dann kann sich die Dünndarmschleimhaut vollständig erholen. Bei der Begleitung braucht es viel Feingefühl und Unterstützung. Wir gehen auf die Betroffenen ein und finden praxisnahe, individuelle Lösungen. Denn jede Familie hat andere Essgewohnheiten.»

Andrea Mathis, Ernährungsberaterin SVDE im Ostschweizer Kinderspital

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